Was die Ilmenauer Unternehmen zurückhielt, nicht sofort ungeniert nach den billigen Produktionskräften zu greifen, war die ungeklärte Frage der Betreuung. Zu sehr hallten die Parolen von der „fremdvölkischen Gefahr“ nach, als dass die Betriebe das Risiko zu leichtfertig eingegangen wären. Den Anfang mit dem Bau von Lagern machten größere Betriebe, deren Bedarf an Arbeitskräften am dringendsten war. Der Anstoß zum Bau eines Lagers für Ostarbeiter kam von der Vorstandsetage der Ilmenauer Porzellanfabrik AG. Die Initiative war nicht ganz uneigennützig. Alle Betriebe, die ausländische Arbeiter in dem Zentrallager unterbrachten, refinanzierten über eine Umlage den Aufwand, den die Aktiengesellschaft mit der Erbauung und der Erhaltung des Lagers hatte. Recht schnell witterte die Porzellanfabrik ein einträgliches Geschäft und gründete später sogar ein Kuratorium für das „Gemeinschaftslager“.
 



Bauunterlagen der Waggonfabrik Gotha für das Lager in Ilmenau.


Das Porzellanwerk „Graf von Henneberg“ war es auch, das auf dem eigenen Betriebsgelände ein Kriegsgefangenenlager errichtete und ein weiteres für sowjetische Frauen, bezeichnet als „Quartier der Russen-Frauen“. Vom „Lager Hammergrund“ der Waggonfabrik sind heute noch die Fundamente der Baracken zu sehen. 

Während das Leben in den Lagern strengen Gesetzmäßigkeiten unterworfen war, ist es Zeitzeugenberichten zufolge in den vielen privaten Unterkünften in Ilmenau deutlich humaner zugegangen. Dies war immer dann möglich, wenn das Auge des Gesetzes chancenlos blieb. Andernfalls belegen Gerichtsurteile, dass selbst deutsche Unternehmer harte Strafen zu erwarten hatten, wenn sie sich menschlicher gaben als es erlaubt war.

 

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