These der Standardliteratur: Zwangsarbeiter hatten im ländlichen Raum unter weniger Repressalien zu leiden. 

„Das Verhältnis der einheimischen Landbevölkerung zu den ausländischen Arbeitskräften wies eine größere Bandbreite auf als in der Stadt, da das Kontroll- und Strafsystem weniger dicht war.“ (Ulrich Herbert, Fremdarbeiter, Bonn 1999, S. 11) 

„Je weiter entfernt das Auge des totalitären Staates war, desto mehr schrumpfte das Regelwerk […] zu einer Richtschnur zusammen, deren Auslegung an die Erfordernisse des Alltags angepasst wurde.“ (Mark Spoerer, Zwangsarbeit unterm Hakenkreuz, Stuttgart/München 2001, S. 191) 

These des Buches: Zwangsarbeiter hatten im ländlichen Raum und in der Kleinstadt mitnichten unter weniger Repressalien zu leiden. Im Gegenteil: Durch das Prinzip „jeder kennt jeden“ wuchs die Furcht vor Denunziation. Bei der Umsetzung der Instruktionen aus Berlin gab es allenfalls Versuche der Ausdehnung und nur selten Beispiele des wissentlichen Umgehens von Anordnungen. 

Beleg (Auszug aus dem Fazit): „Es war das Ziel dieser Arbeit, die Beschäftigung und die Lebensumstände von Zwangsarbeitern in Ilmenau zu untersuchen. Dabei wurde festgestellt, dass sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen in einer typischen deutschen Kleinstadt nicht eklatant von denen großer Industriestädte unterschieden haben. Alle von Berlin vorgegebenen Instruktionen im Umgang mit den ausländischen Arbeitern wurden einerseits aus geschäftlichem Interesse und andererseits aus Furcht vor Konsequenzen exakt umgesetzt. Der Umgang mit Zwangsarbeitern unterlag bei den in dieser Arbeit beschriebenen Unternehmen der ökonomischen Denkweise von Betriebsinhabern. Es wurden in dieser Arbeit allerdings verschiedene Formen des Umgangs mit Zwangsarbeitern festgestellt.“ […]

„Erstens: Im Rahmen des NS-Korsetts konnten Zugeständnisse gemacht werden, wie der Antrag des Kriegsgefangenen-Kommandoführers auf Erhöhung der Lebensmittelrationen belegt. Zweitens: Es wurde versucht, die Anweisungen im Umgang mit Fremdarbeitern geringfügig zu dehnen, wie das bei der Firma Rudolf Glaser mit der Prämienzahlung geschah. Drittens: Es wurde sich bewusst über Gesetze hinweggesetzt, wie durch die Ärztin Margot Doellerdt, die bemüht war, den menschlichen Aspekt in den Vordergrund zu stellen.“ […]

„Zusammenfassend kann in dieser Arbeit nicht festgestellt werden, dass die Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter in Ilmenau von denen in Großstädten abwichen. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zu Industriezentren: Die Selbstkontrolle funktionierte in der Kleinstadt Ilmenau besser, als in der großen, anonymen Stadt.“

 

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